Eurobuch hatte ich noch nie so recht gemocht. Die Webseitenbauer dort verstiegen sich zu immer groteskeren Farbtönen, sie pflasterten ihr Portal mit Signets zu wie der Wanderer seinen Stock mit Stocknägeln, das Auge fand keinen Ruhepunkt und allerlei Spielchen mit zitternden, mäßig stabilen Funktionen vergällten auch dem geduldigsten Nutzer den Aufenthalt.

Das war schade, denn bei näherem Hinsehen hatten sich die Eurobuch-Macher, die damals noch unter "sfb" firmierten, allerlei Nützliches, teils sogar Wegweisendes einfallen lassen. Nachdem ich sie lang genug als "Sender Freies Berlin" veräppelt und ihre unsäglichen, teils fäkalen Farbenspiele gebührend durch den Kakao gezogen hatte (Gelb, Rot und Braun vermischten sich seinerzeit in ihrem Portal wie in Tatortfotos der Gerichtsmedizin bei Lustmorden), entdeckten sie jenes peinliche Lindgrün, das uns in öffentlichen Toiletten des gehobenen Standards erfreut.

Sie vergaßen sich leider auch sonst, veranstalteten kuriose, weitgehend sinnfreie Statistikspielchen, man wußte nie, ob sie einem den Blutdruck messen oder Verkaufskurven bestimmter Bücher darstellen wollten. Weiterhin galt aber, daß mitten im Elend beachtliche Perlen zu entdecken waren. Im direkten Verkehr war Eurobuch umgänglich und freundlich, ich hätte ihnen ein besseres Ende gewünscht.

Denn Konkursversteigerungen, man kennt das von Einfamilienhäusern her, sind in der Regel nicht sehr ergiebig, sie lassen alle Beteiligten unfroh zurück - mit Ausnahme des vergnügten Erwerbers.

Dieser heißt nun ZVAB-Rheinbaben. Redakteur Dr. Biester vom Börsenblatt, dem wir die Neuigkeit verdanken, drückt sich seltsam verklausuliert aus und ist, da Rheinbaben kräftig bei ihm inseriert, in der bedrückenden Lage eines Angestellten, der gern seine Meinung sagen würde - es aber nicht darf. Solche indirekten Zwänge sind ärger als Maulkörbe aus Leder, muß sich doch der Journalist kuriose Winkelzüge abringen - wohl wissend, daß seine Leser ihm hämisch zusehen, wie er das nun wohl rüberbringen mag. Biester ist der beste Kenner der Antiquariatsbranche, den wir haben, sein Urteil zählt, die Antiquare schauen auf ihn. Wen verrät er nun, seinen Arbeitgeber oder seine Leser? Als guter Stilist und ehrlicher Charakter findet er den Mittelweg, der allein bleibt: Er deutet an und wertet nicht.

Wir Antiquare dürfen aber offen reden. Wir dürfen auch urteilen.

Klug war dieser Schachzug der Tutzinger nicht. Zwar erhöht er den Wert jener Morgengabe, die demnächst auch faktisch auf dem Amazon-Altar dargebracht wird - aber das Kartellamt wird sehr unfroh reagieren darauf. Der Zukauf dieser Metasuchmaschine könnte das Faß zum Überlaufen bringen und die Monopolwächter in Trab setzen - wäre da nicht jene himmelschreiende Unwissenheit des Amtes in Sachen Bücherportale, Metasuchmaschinen, Sprachgebietseinschränkung und Altbuchhandel überhaupt. Da niemand da ist, um das Amt aufzuklären, im Gegenteil die gewählten Vertreter unseres Gewerbes, wie geschehen, liebedienernd zum kommenden Monopolisten eilen, wenn der ruft, wird auch dieser reichlich freche Handstreich, der Zukauf von Eurobuch, die gesamte Übernahmeaktion nicht beeinträchtigen.

Ich hätte es in der jetzigen Situation nicht gewagt, man soll schlafende Löwen bekanntlich nicht wecken, auch dann nicht, wenn sie wie derzeit in Berlin sehr tief schlafen.

Wenn wir gerade beim Thema sind: Die einzige Chance, gegen den Amazon-Abebooks-ZVAB-Deal anzugehen, sehe ich nun noch auf der europäischen Schiene. Die betreffende Behörde liegt teilweise quasi vor meiner Haustür (zum anderen Teil leider in Brüssel), sie haben dort eine exzellente Kantine mit guter Quiche Lorraine und schöner Aussicht auf die Robertsau und da ich französisch spreche, bin ich gern zu entsprechenden Sondierungen bereit. Allerdings müssten die Antiquare das wollen. Wollen sie? Sie wollen nicht.

Ein interessantes Thema ist die zukünftige Rolle der Meta-Suchmaschinen. Sie sind, das gilt auch für mein hochgeschätztes und täglich benutztes Bookfinder, strategisch gesehen die idealen Erfüllungsgehilfen beim Vollzug der Monopolisierung. In der ersten Phase dienen sie zur Ablenkung, zur Vernebelung und Behauptung einer "Vielfalt", in der zweiten Schraubwindung der Monopol-Garrotte werden sie dann zum direkten Erfüllungsgehilfen der Monopolisierung. Meta-Suchmaschinen sind äußerst gefährliche Instrumente.

Da ich weiß, daß meine verehrten Kollegen ganz und gar keinen Sinn für taktisches Denken aufzubringen pflegen, schließe ich das leidige Thema.

Verbergung der teilnehmenden Antiquare, Vorschreiben von Preisen, Gebührenmarge 30 %, Vorschreiben der vermittelnden Bank, Terrorregime gegen abweichende, individuelle oder sonst aufmüpfige Kollegen, kommende Lügenkampagnen auf breiter Ebene, Einlullen der Öffentlichkeit durch selbstbezahlte Phantom-Datenbanken zur Verhehlung des Monopols... wartet nur, balde.

Eurobuch, ich hätte dir ein besseres Ende gewünscht als das, d a b e i Erfüllungsgehilfe sein zu müssen.

2 Kommentare:

Unabhängige Meta-Suchmaschinen, die nicht von Monopolisten kontrolliert werden sind nicht gefährlich.

Die Entwicklung einer solchen ist schon längst überfällig und vielleicht mussten die Ereignisse der letzten Tage und Wochen erst eintreten, um endlich aufzuwachen.

Gruß Uwe
(buchkammer.de)

Lieber Kollege,
würde Ihnen schon zustimmen, *wenn* die Unabhängigkeit solcher Meta-Suchmaschinen wirklich gewährleistet ist. Aber wie wollen wir das sicherstellen, wie es kontrollieren? Ist nicht jedermann käuflich... wenn die Summe stimmt?
Dahinter steckt ein Rattenschwanz strategischer Fragen. Eine Metadatenbank kann aussperren (siehe ZVAB und Eurobuch), sie kann filtern (siehe Neudrucke bei ZVAB im Unterschied zu Bookfinder), sie ist in ihrem Rabattgebaren undurchsichtig - und sie ist sehr brauchbar. Vor allem zur Verschleierung von Macht- und Absatzverhältnissen.

Darüber sollte und könnte man umfassend diskutieren, Sie haben Recht. Auch im Verhältnis zur Konkurrenz- und Abwehrkampf-Datenbank, die jetzt auf die Beine gestellt werden *muß*. Aber die Kollegen interessieren sich dafür gar nicht...

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